15.01.2023

Das Wesen der Schönheit

Erich Kästner schreibt: “Ich durfte die Schönheit einatmen wie Försterkinder die Waldluft.”
Das gehört zu der Sorte Sätze, die in mir nachhallen.

Schönheit prägt ihn. Inspiriert und beflügelt ihn. Macht ihn glücklich. Als er sie verliert, ist er unendlich traurig. Ein ganzes Buch ist voll davon.

Was bedeutet, was bewirkt und was bewegt Schönheit?

Gibt es eine spezielle Neigung für Schönheit?
Oder ist es ein Gespür, das bei einem Teil der Menschen noch vorhanden ist und bei einem anderen einfach ziemlich unterdrückt?

Ist Schönheit einfach nice to have oder steckt mehr dahinter?

Es muss einfach mehr dahinter stecken, wenn die ganze Welt danach zu streben scheint.
Gleichzeitig wird ihr Wert bagatellisiert. An den Rand und in die Oberflächlichkeit geschoben.
Und dann frage ich mich - wie können wir innerlich um den Wert der Schönheit wissen und ihn im Alltag so aus den Augen verlieren?

Schönheit beeinflusst unsere Gemütslage.
Wir werden von ihr beeinflusst, ganz gleich, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht.

Die Sehnsucht nach Schönheit bleibt als diffuses Gefühl.
Dem wir so aber nicht mehr nachgehen.
Schönheit selbst wird kategorisiert.
Unser persönliches Empfinden bewertet, benotet, beurteilt.

Früh bekommen wir eingetrichtert, dass Zahlen, Daten, Fakten wichtig sind.
Die reine Ratio im Vordergrund.
Damit wir die uns zugedachten Aufgaben lösen.
Mit Struktur und in Systemen.
Es ist richtig, immer wiederkehrende Aufgaben lassen sich so leichter und schneller lösen.

Spart ja auch Zeit.

Und was machen wir mit dieser so gewonnenen Zeit?

Unseren Blick auf das Schöne lenken?
Einsaugen, bewundern, genießen?
Zweckfrei?
Es wäre so sinnvoll.
Es gibt so viel zu bestaunen.
Das täte einfach gut.

Gestehen wir uns das überhaupt noch zu?
Oft sind wir so durchdrungen vom Effizienzgedanken, dass uns das ein schlechtes Gewissen bereitet.
Ist er noch sichtbar, der Wert, einfach nur zu sein und nicht nur zu tun?

Doch ist es wirklich sinnvoll, immer wieder neu aufzulegen, was es seit Jahren schon gibt?
Hilft permanentes Wiederholen des Einheitsbreis aus Struktur und System?
Vielleicht bis dann etwas kommt, das uns aus der Bahn kegelt.
Etwas Neues. Vielleicht gar Bedrohliches.
Dann greifen die bisherigen Routinen ins Leere.

Ja, sich den Sinn für Schönheit zu erhalten kann dazu führen, belächelt zu werden.
Bunter Vogel. Fernab der Realität.
Das sehe und beobachte ich einfach anders.

Von Schönheit umgeben zu sein, nährt unsere kreativen Ressourcen.

Das erleichtert das Denken.
Sie nährt die Schöpferkraft.
Das führt zum Finden von Lösungen.
Es lässt uns uns selbst mehr spüren und auf uns selbst vertrauen.
Es entstehen eigene Ideen.
Impulse treffen auf offene Ohren.

Doch Schönheit wird an zahllosen Stellen wegrationalisiert.
Zu was für einem hohen Preis.
Unser Fokus auf Zahlen, auf Effizienz und Funktionalität schwächt einen wichtigen Bereich in uns.
Eine Einteilung in schwarz und weiß, richtig oder falsch, lässt das bunte Leben außen vor.
Nimmt man uns das, stumpfen wir ab.
Das Grau der Umgebung färbt ab auf Gemüt und Stimmung.

Dabei ist Schönheit der Raketenantrieb für unsere Kreativität.

Was ist also schön?
Natürlich gibt es eine wissenschaftliche Herangehensweise.
Untersuchungen, was der Mensch als harmonisch ergo als ästhetisch ergo als schön empfindet.
Doch darum geht es mir hier nicht.
Im Grunde ist das “nur” in Zahlen gegossenes Gefühl.

Mir geht es um den intuitiven Zugang.
Dieses innere Wissen, das in jedem von uns schlummert.
Mal mehr, mal weniger wach.
Das geweckt wird vom Beschäftigen mit dem Thema Schönheit.

Wir brauchen unsere Kreativität.
Wir sind beschenkt mit Schöpfergeist.

Die Dinge, mit denen wir uns umgeben, beeinflussen wie wir fühlen denken und handeln.
Schönheit ist inspirierend.
Sie regt an.
Setzt eigene Denkprozesse in Gang.
Hebt die Stimmung.
Wer mag es nicht, das Gefühl, etwas bewirken und bewegen zu können?
Es ist angenehm und sinnstiftend.

Ich gehe sogar noch viel weiter.
Sich Schönheit ins Leben zu holen ist nicht nur angenehm.
Es ist heilsam.